Zum Inhalt springen

Keine Zeit des Ausruhens

    Vom Kampf um das Frauenwahlrecht bis zu den neuen Frauen-Typen

    Der erste „Internationale Frauentag“ wurde 1911 in Dänemark, Deutschland, Österreich-Ungarn, der Schweiz und den USA gefeiert.

    1977 verabschiedete die UN-Generalversammlung eine Resolution, in der alle Staaten darum ersucht wurden (!), einen Tag des Jahres zum Tag der Vereinten Nationen für die Rechte der Frau und den Weltfrieden zu erklären. Zwei Jahre zuvor, im internationalen Jahr der Frau, hatten die UN am 8. März erstmals eine diesbezügliche Feier ausgerichtet, seit 1995 wird der Frauentag jährlich begangen.

    Neue Frauenbilder, neue Frauentypen – (c) fotolia – julia

    Die Wurzeln – französische Philosophie und proletarische Frauenkämpfe

    1791 verfasst die französischen Frauenrechtlerin Olympe de Gouges „Die Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin“ (Déclaration des droits de la femme et de la citoyenne). Darin forderte sie die volle rechtliche, politische und soziale Gleichstellung der Frauen – basierend auf dem egalitären Ansatz der Aufklärung, wonach alle Menschen „von Natur aus“ gleich sind.  Sie bezog sich in ihrem Manifest auf die „Erklärung der  Menschen- und Bürgerrechte“, die zu Beginn der Französischen Revolution veröffentlicht worden war, und deren Verfasser bei „Menschen und Bürgern“ ganz selbstverständlich nur an Männer dachten.

    1909 gab es einen ersten „Frauentag“ in den USA, der von Sozialistischen Frauen propagiert wurde und große Demonstrationen initiierte. 1910 fand die Zweite Internationale Sozialistische Frauenkonferenz in Kopenhagen statt, bei der der Beschluss zu „einen Frauentag, der in erster Linie der Agitation für das Frauenwahlrecht dient“, gefasst wurde. 1911 fand dann der erste „Internationale Frauentag“ in Dänemark, Deutschland, Österreich-Ungarn, der Schweiz und den USA statt.

    Das Datum 8. März bezieht sich hitorischen Aufzeichnungen zufolge auf die Demonstation der Textilarbeiterinnen und Bäuerinnen 1917 in St. Petersburg, die einer der Auslöser für die Russische Revolution war. Amerikanische Quellen nennen einen Streik von Textilarbeiterinnen in New York (1857) oder den Streik von Textilarbeiterinnen der „Cotton“-Fabrik 1908, bei dem 127 Frauen durch Feuer ums Leben kamen.

    Heute ist der 8. März in Angola, Armenien, Aserbaidschan, Burkina Faso, Eritrea, Georgien, Guinea-Bissau, Kasachstan, Kambodscha, Kirgisistan, Laos, Madagaskar, Moldawien, in der Mongolei, in Nepal, Russland, Sambia, Serbien, Tadschikistan, Turkmenistan, Uganda, in der Ukraine, in Usbekistan, Vietnam und Weißrussland ein gesetzlicher Feiertag.  In der VR China ist der Nachmittag für Frauen arbeitsfrei.

    In der Autonomen Region Kurdistan beschloss die Regierung im Jahr 2012, am 8. März einen „Tag des traditionellen kurdischen Kleides“ als alternatives Angebot zum Frauentag zu veranstalten.

    Die Inhalte – Frauenwahlrecht, Weltfrieden, Schwangerschaftsabbruch, gesellschaftliche Gleichstellung

    Im Lauf der Jahrzehnte bekam der von der Sozialisischen Frauenbewegung gegründete Frauentag unterschiedliche Schwerpunkte.
    War es ursprünglich der Einsatz für das Frauenwahlrecht – in Österreich 1918 erteilt – so verlagerten sich die Interessen während des Ersten Weltkrieges zu Aktionstagen für den Weltfrieden, wurden zum Teil sogar verboten – die Herren wünschten keine unbotmäßigen Initiativen. In der Zwischenkriegszeit verlor der Frauentag wieder an Bedeutung. Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde der Frauentag in den regime-genehmen „Müttertag“ umfunktioniert.

    Neben den Sozialistischen Frauen und ihren Aktivitäten entwickelten sich Anfang des 20. Jahrhunderts weitere Interessensverbände von Frauen, die sich für soziale und erziehungspolitische Veränderungen einsetzten. 1921 übrigens wurde der erste Soroptimistische Club in Oakland (Californien) gegründet. Diese unter dem Begriff „Frauenbewegung“ zusammengefasste Initiativen übernahmen zum Teil auch den Frauentag, um sich öffentlich für ihre Anliegen stark zu machen: Gleichstellung der Geschlechter, Neubewertung der tradierten Geschlechterrollen, Ende von  Bevormundung, Ungerechtigkeiten und soziale Ungleichheiten.

    In den 1960er- und 1970er-Jahren wurde vor allem die Aufhebung des Verbots zum Schwangerschaftsabbruch gefordert.
    Danach widmeten sich die Frauenorganisationen vor allem dem Thema der „Gleichen Entlohnung für gleiche Arbeit“.
    Ende der 90er Jahre galt Feminismus in weiten Kreisen wieder einmal als überholt und uncool, während populistische Interessensgruppen daran arbeiteten, die bis dahin erarbeiteten Frauenrechte wieder einzuengen. Und ausgerechnet Alice Schwarzer plädierte 2010 die komplette Streichung des Weltfrauentages: „Schaffen wir ihn […] endlich ab, diesen gönnerhaften 8. März! Und machen wir aus dem einen Frauentag im Jahr 365 Tage für Menschen, Frauen wie Männer.“

    Fraueleben heute – Neue Aufgaben, neue Möglichkeiten, alte Belastungen
     
    Glaubt man am Visual-Trends-Report des Digital-Fotoarchivs Getti Images, dann hat sich das bürgerliche Frauenbild in den vergangenen Jahren deutlich gewnadelt. Darin wird eine Situationsanalyse aufgrund von ausgewählten Foto-Inhalten erstellt. Das Resultat des 2017er-Reports:
    Ein neuer Frauentyp!  „Sie widersetzt sich Konventionen und reißt Mauern ein – was sie tut, ist ihr wichtiger, als ihr Aussehen. Sie ist tough. Sie ist hartnäckig. Sie ist zielstrebig. Und sie scheut sich nicht, sich die Hände schmutzig zu machen. Man tut gut daran, sie nicht zu verärgern, zu übersehen oder zu unterschätzen. Sie tritt für ihre Überzeugungen ein, ohne sich dafür zu rechtfertigen.“

    Das allerdings spiegelt nur einen Teil der Lebenssituation von Frauen in aller Welt wieder.  Globalisierung, Digitalisierung und Klimawandel gehören zu den aktuellsten Herausforderungen, die von Gesellschaften derzeit zu bewältigen sind – ganz abgesehen von Katastrophen und Kriegen. Traditionelle Lebensmodelle und Gesellschaftsformen werden verändert oder verschwinden, althergebrachte Berufe werden nicht mehr gebraucht, neue Aufgaben verunsichern. Aber die Sorgen um das Erhalten, Erziehen und Pflegen von Kindern und großen Familienangehörigen lastet noch immer auf den Schultern der Frauen – großteils alleine.

    Veranstaltungen zum Frauentag – nur zum Beispiel

    Das Kollektiv „Frauen wollen mehr“, Aktivistinnen aus den Bereichen Medien, Wirtschaft, Kunst, Kultur und Politik, hat für den 8. März zu einem österreichweiten Frauenstreik „Women’s strike Austria“ gegen Populismus, Ungerechtigkeit und Sexismus aufgerufen – entsprechend dem Motto zum „A Day without a Woman“,  den Frauen weltweit als Protest gegen US-Präsident Donald Trump organisiert haben.

    In Graz heißt das Motto „Echte Mädchen* werden starke Frauen!“, wenn man sich um 17 Uhr am Griesplatz trifft.
    Im Wiener Rathaus gibt es ein umfassendes Beratungsangebot, Führungen und Workshops – dazu Infos um Töchtertag am 27. April, eine Lesung von Elfriede Hammerl und einen musikalischen Auftritt von Catch-Pop String-Strong. Um 16.30 Uhr werden in der Galerie „Wien. Stadt der Großen Töchter“ in den Arkaden des Rathauses zwei neue Porträts herausragender Frauen präsentiert: Ella Lingens und Olga Ehrenhaft.

    Weitere Termine zum Frauentag sind hier zu finden: 8maerz.at/
    Soroptimistische Termine zum Frauentag sind hier zu finden: soroptimist.at/termine

    Quellen: Renner Institu Wien, Demokratiezentrum Wien, Wikipedia, Soroptimist International Austria